Das können nicht mehr viele

NS_020_023_Schubert.jpg

Die Dresdener Experten der Steinmetz und Steinbildhauer GmbH von Sven Schubert fertigten für die Rekonstruktion der Sandsteinfassade am Berliner Schloss drei Portale und eine aufwändige Wappenkartusche. Seit 2014 stemmte das 25-köpfige Team damit den bisher größten Auftrag der 30-jährigen Firmengeschichte.

aus Zeitschrift Naturstein von Harald Lachmann

RESTAURIERUNG & REKONSTRUKTION

Ab Ende 2020 soll der historisierende Nachbau des Berliner Stadtschlosses als Humboldt Forum schrittweise eröffnet werden. Den Kern dieses künftigen Museums für außereuropäische Sammlungen bildet ein Betonkubus nach Plänen des italienischen Architekten Franco Stella. Verkleidet wird dieser durch Ziegelmauerwerk sowie an der Nord-, West- und Südseite durch eine freitragende barocke Naturstein- Fassade. »Der hierbei verbaute Sandstein ist so massiv – der könnte auch ohne den Beton stehen«, versichert Sven Schubert. Der Steinmetz, Steinbildhauer

und Natursteinunternehmer aus Dresden gehört mit seinem 25-köpfigen Team zu den wichtigsten Erbauern dieser spektakulären Fassade. Drei Portale beigesteuert Bereits 2014, wenige Monate nach Wiederaufbaubeginn, stieg auch Schubert mit in die Arbeiten ein, zunächst mit der Grenzbemusterung und dem Einkauf der Rohblöcke. Seine Firma – sie feiert dieses Jahr 30-jähriges Bestehen – gewann mehrere Lose und steuerte so nach und nach drei rekonstruierte Portale bei: die

Außenportale II und IV sowie das Hofportal II. Dass Schubert letzteres besonders spannend fand, lag auch daran, dass dort erhalten gebliebene Originale des ursprünglichen Schlossbaus von Andreas Schlüter einzupassen waren. Montiert und versetzt wurde dann alles weitestgehend

mit eigenen Leuten. Unterm Strich hätten sie allein für die drei Portale rund 700 m3 Sandstein verarbeitet, überschlägt der 55-Jährige. Highlight: Große Wappenkartusche Hinzu kam als besonderer Höhepunkt die Neuanfertigung der Großen Wappenkartusche,

die einst der Schlüter- Schüler Eosander von Göthe für die Lustgartenfassade

des historischen Originals entworfen hatte. Sie dient nun wieder als Übergang von der Schlüterfassade zum Risalit der Lustgartenfassade. »Das waren noch einmal 50 m3, bei einem

Gesamtgewicht von 88 t«, so Schubert. Sein Unternehmen hatte die 16 barocken

Einzelteile – der schwerste Rohblock hierfür wog 19,6 t – nach Tonmodellen des Berliner Bildhauers Andreas Hoferick in REINHARDTSDORFER SANDSTEIN gefertigt. Mitarbeiter des Bamberger Natursteinwerks Hermann Graser montierten schließlich die je 7 m hohe und

breite sowie 2 m tiefe Eckkartusche 2016 in 30 m Höhe. Es ist die größte (zusammengesetzte) Einzelskupltur am Schloss. Umfassend kompetent Dass Schuberts Firma bei der Schloss -

rekonstruktion so umfassend zum Zuge kam, hat gute Gründe: Der Dresdener weiß selbst, dass es »nicht mehr viele bei uns gibt, die das Metier so umfänglich beherrschen«. Denn er und seine

Leute sind auch Künstler, Historiker, Planer und 3D-Digitalisierungsprofis. So beschäftigt er Steinbildhauer, Restauratoren und Geologen und übernahm während der Arbeiten am Schloss mit seiner Mannschaft neben den Natursteinarbeiten auch alle Betonwerkstein-, Maurer-,

Klempner-, Stahlbeton- und Abdichtungsleistungen. »Bei solchen Fassaden

wird man einfach zum Generalunternehmer «, meint er selbstbewusst. Doch bei einem europaweit einzigartigen Projekt wie dem Berliner Hohenzollernschloss geht es um weit mehr als Technik.

Da die Reste des stark kriegsversehrten Originals 1950 gesprengt worden waren, waren viele Simse, Säulen, Kapitelle und Gewände sowie auch die mannigfachen Details der Skulpturen neu zu

gestalten gewesen. »Der originale Sandsteinschmuck ist zwar durch Fotos gut dokumentiert, aber es fehlte an Originalteilen «, erzählt Schubert. So mussten sich die Experten zunächst durch zahllose

historische Aufnahmen, Abhandlungen über Formsprachen und stilistische Modellentwürfe kämpfen. Auch Sven Schubert war bereits früh aktiv an diesem zehn Jahre währenden Puzzle beteiligt, beispielsweise mit eigenen Modellen. »Alles stets in enger Absprache mit dem Förderverein Berliner Schloss bzw. später der Stiftung Berliner Stadtschloss/ Humboldtforum als Bauherrin«, erzählt er. So seien regelmäßig Denkmalexperten bei ihnen auf dem Dresdener

Werkplatz erschienen, um selbst kleinste Architekturdetails zu erörtern. »Zuweilen haben wir über jede einzelne Fingerkuppe debattiert«, erinnert sich Schubert. Besonders stolz ist er rückblickend auf die Arbeiten am Außenportal IV mit den Hermenpilastern Herbst und Winter. »Das haben wir letztlich originaler wieder hergestellt als das Original«, schmunzelt er mit einigem Hintersinn. Denn bis heute ziert dieses den Eingangsbereich des DDR-Staatsratsgebäudes. Allerdings war es bei der Rekonstruktion der durch Krieg und Sprengung geschädigten und weitestgehend verlorengegangenen skulpturalen Teile zu Ungenauigkeiten gekommen, vor allem beim linken Arm

der Figur »Winter«: Alte Fotografien zeigten, dass dieser hier eine falsche Haltung aufweist. So waren die am Staatsratsgebäude befindlichen Hermen im 3D Verfahren gescannt und daraus dann ein 1:1 großer 3D-Druck hergestellt worden. Das auf dieser Basis von Bildhauer Kai Rötger geschaffene Modell setzte die Firma Schubert dann originalgetreu in REINHARDTDORFER SANDSTEIN um.